Weshalb die Veröffentlichung eines Aufsatzes von Rektor Franz Scholand, Altenbeken aus dem Jahre 1926 ?
Der Autor Franz Scholand wurde 1857 in Wünnenberg geboren. 1884 erhielt er als Lehrer in Altenbeken eine Anstellung, die er bis 1923, zuletzt als Rektor ausübte. 1937 verstarb er in Paderborn. Er war Vorsitzender des Eggegebirgsverein Altenbeken, führte jahrelang die Gemeindechronik für die er auch einen Nachtragsband erarbeitete in dem er unter anderem mehrere, großformatige Zeichnungen über von ihm entdeckte Bergbauspuren vom Rehberg und benachbarten Bergen mit erläuterndem Text niederlegte. Diese Zeichnungen stellen gewissermaßen Ergänzungen zu seinen zahlreichen Aufsätzen im Eggegebirgsbote und im Heimatborn dar, die er formatbedingt nicht veröffentlichen konnte.
Da Scholand sich durch viele Geländebegehungen und durch Ortsüberlieferung große Kenntnisse zum Altenbekener Bergbau erarbeitet hatte, die seither nicht weiter vertieft wurden, sei hier ein wichtiger Text, der im „Heimatborn“ 1926 veröffentlicht wurde, durch Nachdruck in dieser Festschrift in Erinnerung an Altenbekens Geschichte durch Wiederabdruck zugänglich gemacht. Der Text stellt mehrere Aspekte des mittelalterlichen und frühzeitlichen Eisen-verhüttungswesens ins Blickfeld und gibt konkrete Hinweise auf Fundplätze.
Auf Schnatgängen und Exkursionen des „Heimat- und Geschichtsvereins Altenbeken“ wurde von vielen Teilnehmern großes Interesse an der Bergbaugeschichte im Eggeraum kundgetan und immer wieder hinterfragt. Einen Einstieg und Führer zu Fundplätzen soll dieser, kaum noch bekannte Aufsatz als Nachdruck dienen. Vielleicht gibt er auch die Anregung zur bisher noch nicht erfolgten archäologischen Untersuchung der einen oder anderen Fundstelle durch das Landesmuseum.
Die schon von Scholand beobachtete Auffindung zahlreicher Verhüttungsstellen, die nicht auch die Erz- Schürfstellen sein können, dürfte in der Notwendigkeit der Erzwäsche zu suchen sein. Nach Zerkleinerung des Erzes durch Pochen auf die Größe von Holzkohlestücke mussten zwischen den Erzbrocken befindliche Sandsteinstücke, Lehm und andere Erdreste heraus gewaschen werden, da sie nur zur Schlackebildung beim Schmelzvorgang führten. Erzwäschen bei den Wasservorkommen waren meist begleitet von sandigem Lehm, der gut geeignet war um Renn- oder Luppenfeueröfen zu errichten. Diese Stellen wurden „Singer“ genannt. Auf die Stellen, wo das noch rohe, mit Schlacke vermischte Eisen an den Rennöfen anfiel und durch Schmieden erst in bildsames, rohes Eisen verschmiedet wurde, weisen heute noch Flurnamen, zusammengesetzt mit Singern, Schmitten, und Erzwäschen.
Wir bedanken uns für das Veröffentlichungsrecht bei Herrn Detlef Creydt, Holzminden, für die Abb. 1 und 2 vom Rennfeuersymposium 2005 auf der Domaine Heidbrink bei Polle/Weser.
H.W.W
Alte Erzschmelzen an der Egge
Gegenüber der Sommerfrische Bülling im Sagetale nördlich von Altenbeken liegt oberhalb des am Westhange der Egge entlang führenden Weges die „Zingerhäuff“. Jetzt heißt die Örtlichkeit “ in den Singern“. Hier lagen früher zwei große Halden Eisenschlacken, die während des I. Weltkrieges bis auf geringe Reste abgefahren wurden zur Verhüttung. Sie enthielten bis zu 45% Manganeisen und waren darum wertvoll für die Munitionsfabriken. Im Ganzen sind etwa 2.000 Zentner Schlacken verwertet worden. Man erreicht die Stelle, auf dem der Sommerfrische gegenüber steil hinaufführenden Holzwege. Im Kriege wurde der Nadelholzbestand gefällt. An der Nordseite der abgetriebenen Fläche ist oberhalb des Hangweges ein 6 Meter breites und 40 Meter langes sumpfiges Rinnsal. Ein zweites von gleicher Ausdehnung liegt etwa 150 Meter südlich. An seinen oberen Enden tritt eine Quelle zu Tage. Dieser Umstand, ist umso auffälliger, weil am ganzen Westhange, vor allem im wasserarmen Flammenmergel, derartige Wasserrisse fehlen. Nur an der Talsohle entspringen einige kleine Quellen. Am oberen Ende des zweiten Rinnsals liegen auf beiden Seiten die Reste der Schlackenhalden. Jede Halde hat wohl 20 Meter Durchmesser. Man sieht noch deutlich, dass die mächtigen Tannen auf den Halden standen und die Schlacken unter dem Wurzelgeflecht lagen. Über jeder Halde ist auf einem wagerechten Platze eine flache kreisförmige Vertiefung von 3 Meter Durchmesser.
Geschichtliche Nachrichten über die rätselhafte Örtlichkeit fehlen. Die Überlieferung sagt, dass hier durch Frauen die Blasebälge der Schmelzschmiede in Bewegung gesetzt worden seien. Wann könnte das gewesen sein? Als 1607 der Bergbau bei Altenbeken wieder auflebte, wurde gleich eine Schmelzhütte oberhalb des Ortes angelegt. In dieser hätte man das bei den „Zingerhäuff“ geförderte Erz gleich dem vom Rehberg verhütten können. Es lag also kein Grund vor, bei den „Zingerhäuff“ eine Erzschmelze einstweilen einzurichten. Diese Erwägung legt den Gedanken nahe, dass die „Zingerhäuff“ aus älterer Zeit stammen könnten. Denn die Urkunde vom 1392 nach der Johann von Malsburg zwei Teile des Waldgeldes von den Schmieden zu Beken an Bischof Rupert von Paderborn verkaufte, spricht für einen Bergbau vor 1600. Die Schlacken würden dann aus den Stück- oder Wolfsöfen, einem niedrig aufgebauten Schachtofen, oder gar aus dem noch älteren Renn- oder Luppenfeuer stammen, das vor allem in Anwendung kam, wenn nur für einige Zeit oder in beschränktem Maße Erz zu verhütten war. Vielleicht bezeichnet die flache, kreisförmige Vertiefung oberhalb jeder Halde den Platz des Schmelzofens. Dadurch, dass man gleich zwei oder mehr Schmelzöfen anlegte, erzeugte man mehr Eisen und konnte nach jeder Schmelze den Ofen sich abkühlen lassen, ohne dass die Verhüttung des geförderten Erzes stockte.
Aber woher stammt das verhüttete Erz? Anscheinend finden sich hier keine Spuren eines Bergbaues. Und doch werden die bedeutenden Erzmengen an Ort und Stelle gefördert worden sein. Da bleibt nur die Annahme übrig, dass die beiden sumpfigen Wasserrisse die Reste zweier Stollenmündungen sind; die durch den Flammenmergel in den roten Sandstein oder gar durch diesen hindurch in den Neokomsandstein bis in das Bohnerz oder ins Lettenflöz vorangetrieben worden sind. Hätte man nur das Erz des sehr eisenschüssigen roten Sandsteins (Gault) gewinnen wollen, so wäre dieses südlich von der Stelle viel leichter gewesen, weil hier der rote Gaulsandstein nicht vom Flammenmergel überlagert wird.
Auch würde eine eigentliche Quelle in dem harten Flammenmergel ein ganz enges Rinnsal gebildet haben, aber nicht eins von solcher Breite
Da den „Zingerhäuff“ gegenüber am Osthange in gleicher Höhe der alte Grevenhagener Schacht liegt, aus dem bis in die 70er Jahre Lettenflöz gefördert wurde, so ist man versucht beide Förderstellen in ursächlichen Zusammenhang zu bringen und anzunehmen, dass die östliche Förderstelle durch die ältere westliche hervorgerufen worden ist.
Das Rätsel der „Zingerhäuff“ wird wohl nicht vollständig gelöst werden können.
Das gilt erst recht von der alten Erzschmelze unterhalb des Steigerbrunnens am Osthange des Rehberges. Etwa 100 Meter oberhalb des Weges, der bei Grenzstein 136 vom alten Nieheimerwege abzweigt und am Osthange in nördlicher Richtung durch den Wald und dann abwärts nach Langeland führt, ist der Steigerbrunnen. Nach wiederholter Untersuchung der Erzschmelze ergab sich, dass die beiden 3 Meter tiefen Gräben, die sich oberhalb der Schmelze etwa 30 Meter nach Westen in den Abhang erstrecken und dann plötzlich endigen, die Eingänge zweier Stollen sind. Aus ihnen stammt also das hier verhüttete Erz.
An dieser Stelle verzeichnet der Grund- und Profilriss von dem Rehberg gelegenen Eisenbergwerk, 1789, zwei alte verfallene Stollen. Schürfstelle, Erzwäsche und -schmelze liegen also nahe zusammen. Der Steigerbrunnen lieferte dem Steiger des Antoniusschachtes das für den Haushalt nötige Wasser und später (1833 – 1853) auch der Familie, welche die Station des optischen Telegrafen bewohnte. Das Haus stand nördlich des Kreuzes auf dem Rehbergsattel, war dann Forsthaus, wurde abgebrochen und in Himmighausen wieder aufgebaut.
Durch den Garten östlich des Hauses führte ein Pfad den Hang hinab zum Steigerbrunnen. Beim Tunnelbau 1861 – 1863 legte man vom Steigerbrunnen einen Wassergraben nach Schacht C an für die dort stehende Maschine, mittels der man die Erdmassen aus dem Schacht förderte. 100 Meter unterhalb der Stelle, wo der Steigerbrunnen den Weg nach Langeland quert, liegt am Wasserlaufe im dichten Tannenbestande ein von niedrigen Wällen umgebenes Rechteck von 6 mal 4 Meter und neben ihm eine Schlackenhalde von 15 Meter Durchmesser. In dem rechteckigen, vom Steigerbrunnen durchflossenen Teiche hat man also das Eisenerz gewaschen und dann im Schmelzofen verhüttet. Wo dieser gestanden hat, kann nicht mehr bestimmt werden. Es ist aber anzunehmen, dass er bei der Halde stand. Auf dem hohen Südufer des Rinnsals liegt eine zweite ähnliche Vertiefung, die vielleicht den Platz des Hauses für die Arbeiten bezeichnet. Gegenwärtig erschwert der dichte Waldbestand eine eingehende Untersuchung des Platzes auf dem noch weitere Schlackenhalden liegen.
Spuren von Schächten oder Stollen sind bis jetzt nicht gefunden worden. Und doch wird das hier verhüttete Erz aus der nächsten Umgebung stammen.
Das geologische Messtischblatt Altenbeken zeigt, dass der Osthang des Rehberges an dieser Stelle bis 20 Meter unterhalb des Kammes aus Keupermergel besteht. Über ihm tritt das Lettenflöz zu Tage. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts ließ die Altenbekener Hütte hier einen Stollen treiben, dessen Halde reicht bis beinahe zum Steigerbrunnen. Ein hier in den Berg getriebener Stollen würde gleich dem bei Schacht C auf das Lettenflöz treffen. War aber eine solche Anlage in der damaligen Zeit zu schwer, so bleibt nur die Annahme übrig, dass ein Eingang in dem Lias bei der Erzschmelze sich vorfindet.
Das Gehölz unterhalb des Steigerbrunnens gehörte früher dem Grafen von Mengersen und in alter Zeit der Familie von Schilder. Auf dieses Gehölz bezieht sich wahrscheinlich die Behauptung des von Schilder (1652), das Eisenerz werde in dem von Schilderschen Gehölze, das an den fürstlichen Wald grenze, gewonnen. Schilder beanspruchte deshalb das Bergwerk am Rehberge und kaufte es 1649. Die Erzschmelze am Steigerbrunnen stammt also mindestens aus der ersten Zeit des von Heistermann und Ludwig begonnenen Bergbaues. Wie bei den „Zingerhäuff“ kann man auch bei dieser Schmelze ein höheres Alter annehmen, da bald nach 1607 eine Schmelzhütte bei Altenbeken angelegt wurde, die eine andere Erzschmelze entbehrlich machte.
Eine dritte alte Erzschmelze liegt am Glasebache bei der Singermühle und bei der Hartmühle in der Nähe von Asseln. Die zahlreichen großen Schlackehalden , welche sich von der Singermühle über die Hartmühle hinaus bis vor Herbram den Bach entlang vorfinden, lassen auf eine langjährige und ergiebige Schürf- und Schmelzarbeit schließen. Über 100 Waggon Schlacken wurden von hier zum Bahnhof Neuenheerse gefahren. Ein erheblicher Teil vor dem Weltkriege ist zur Ausbesserung der Wege verwendet worden.. Als man die bei der Hartmühle und dem Steinhause am Bache liegenden fünf Halden abfuhr, kamen unter jeder Halde im Erdboden große Blöcke Sandstein zu Tage. Sie stammten aus dem nahen Bruche und hatten wahrscheinlich die Unterlage für die Schmelzöfen gebildet, die sonst in dem sumpfigen Boden keinen festen Stand gefunden hätten.
Um den größten Block lagerten kleinere Blöcke, die durch geringe Zwischenräume von einander und vom Mittelpunkte getrennt waren. Den Platz umzog ein sehr fester Pfad. Auf beiden Ufern waren Reste eines Umflutgrabens. Beim Neubau der Mühle stieß man in 1 Meter Tiefe auf eine Stauanlage. Der Bach wird also nicht bloß als Erzwäsche, sondern auch zum Betriebe des Gebläses gedient haben.
Der Bach durchbricht bei der Hartmühle eine Bodenwelle, in der sich die verhüttete Erzschicht etwa 1 Meter über dem Talboden vorfindet. Durch den Abbau des Flözes wurde das ursprünglich ganz enge Tal allmählich breiter, so dass auf dem linken Bachufer eine Mühle, auf dem rechten Ufer das Steinhaus erbaut werden konnte, dessen Erbauer die Steine des nahen Bruches zu Mühlsteinen, Futtertrögen, Treppenstufen und dergl. verarbeitete.
Bei der Hartmühle war man in der günstigen Lage, Schürfstelle, Erzwäsche und Erzschmelze auf einem Platze vereinigen zu können. Darum ließ die Altenbekener Eisenhütte, welche diese Erzschmelze betrieb, das Erz nicht nach Altenbeken fahren, wie das mit dem Erz von der Klusweide geschah. Der Transportweg des bei der Hartmühle gewonnenen Eisens heißt noch jetzt „Eisenweg“. Er beginnt da, wo die Straße Neuenheerse – Asseln die scharfe Biegung in das Tal von Asseln macht und zieht sich in nördlicher Richtung durch den Wald bis zum Forsthause Schwaney.
Auch diese Erzschmelze dürfte mindestens aus dem Anfange des zweiten Bergbaues bei Altenbeken stammen und sehr lange im Betriebe gewesen sein.
Quelle:
Heimatborn, Paderborn, August 1926, Sechster Jahrgang Nr. 8, Abb. 3 Georg Agricola / De Re Metallica 8.Buch S. 297