Eisenerz am Trötenberg bei Altenbeken

Eisenerz am Trötenberg

von Michael Bieling, veröffentlicht am 15.03.2021

Der Scholandstein am Eggeweg bei Altenbeken ist zerstört. Diese eindrucksvolle Sitzgruppe aus wuchtigen hellbraunen handbehauenen Neocomsandsteinen besitzt seit März dieses Jahres keine Tischplatte mehr. Sie ist in drei Stücke zerbrochen. Die Sitzgruppe war zur Ehrung von Franz Scholand, des Mitbegründers des Eggegebirgsvereins, am 14. Juli 1940 vom EGV errichtet worden.
Der Rektor Scholand war nicht nur Eggefreund, sondern auch Ortschronist der Gemeinde Altenbeken und Forscher des Erzbergbaus.
Es ist daher bemerkenswert, dass fast gleichzeitig mit dem Schadensfall am Scholandstein auch der Fichtenwald im Bereich des Ehrenmals verschwindet und die Sicht auf zahlreiche Bodendenkmäler des Eisenerzbergbaus freigibt, die eben dieser Franz Scholand als Ortschronist erforscht und ausführlich beschrieben hat.

Die Niederschlagsarmut der letzten Jahre und der Borkenkäfer haben weite Teile der Fichtenwälder im Eggegebirge vernichtet. Auch südlich der Landesstraße 755 von Altenbeken nach Langeland ist der ehemalige Fichtenwald am Köhlerberg westlich des Eggeweges und am Trötenberg östlich des Eggeweges bis zum Scholandstein verschwunden.

Diese nunmehr kahlen Flächen lassen einerseits den Blick in die Weite des Eggevorlandes schweifen. – Diese Aussicht war allerdings in früheren Zeiten nicht ungewöhnlich, da die Flächen am Eggehang nicht immer mit Fichten bestanden waren, sondern teilweise Heideflächen waren, die zur Hude, also als Viehweide genutzt wurde. Auch Köhler haben Unmengen Holz benötigt, um Holzkohle für die hier vorhandenen Erzschmelzen herzustellen. Waldglashütten und Feldkalköfen heizten ihre Öfen ebenfalls mit dem Holz des Eggewaldes. So ist noch im Jahre 1902 eine „herrliche Fernsicht vom kahlen Gipfel des Rehberges“ zu genießen, wie der erste „Führer durch das Eggegebirge“, herausgegeben im Jahre 1902 vom Eggegebirgsverein, im Rahmen einer Wanderung von Himmighausen nach Altenbeken auf Seite 64 beschreibt (Abbildung 1).

Andererseits besteht derzeit die Möglichkeit, die auf der entwaldeten Fläche jetzt deutlich sichtbaren Spuren des Erzbergbaus zu entdecken wie Schürfgruben, Schachtpingen, Stollenreste, Halden sowie den historischen Nieheimer Weg. Diese zahlreichen Relikte des früheren Erzabbaus bei Altenbeken hat Franz Scholand in der Chronik der Gemeinde Altenbeken beschrieben und auf zahlreichen Zeichnungen (Abbildung 2) dargestellt.

Auf einer dieser vergilbten Zeichnungen hat Franz Scholand den „Bergbau am Trötenberge“ dargestellt. Die senkrechte Linie zeigt den Eggeweg, die geschwungene Linie ist die heutige Landesstraße 755. Die waagerechten Striche auf der Zeichnung sind mit den Nummern 2 bis 10 bezeichnet. Hier befanden sich nach Scholand Erzabbaustollen, deren Vertiefungen heute noch deutlich zu sehen sind ebenso wie die zugehörigen Abraumhalden.

Diese Stollen (Abbildung 3) wurden von Osten nach Westen nahezu waagerecht in den Eggekamm getrieben, um an das hier knapp unter der Geländeoberfläche liegende Lettenflöz zu gelangen. Dieses ca. vier Meter mächtige Lettenflöz war überaus eisenerzhaltig. Das Eisenerz konnte mit Hilfe dieser Stollen erheblich leichter abgebaut werden als mittels der späteren Schächte am Westhang des Trötenberges und des Rehberges (Abbildung 4). Diese 30 bis 40 m tiefen Schächte mussten senkrecht nach unten abgeteuft werden, wobei der Abraum und das Eisenerz mit menschlichen oder tierischen Kräften, also mit Seilwinden oder Pferdegöpeln nach oben gefördert wurde. Das auf der Schachtsohle anfallende Grundwasser musste ebenfalls in Kübeln zu Tage gefördert werden.

Die Stollen am Osthang der Egge entwässerten sich dagegen praktisch von selbst durch leichtes Gefälle der Stollensohle zum Stollenmund, also zum östlichen Stolleneingang. Denn alle Stollen wurden senkrecht zum Eggekamm angelegt. So ergab sich der kürzeste Weg zum Eisenerzlager. Das Eisenerz des Lettenflözes konnte dann mit Hilfe von einfachen Loren leicht nach draußen befördert werden. Aufwändig und technisch anspruchsvollere Schächte waren hier nicht erforderlich. Der Abraum wurde an Ort und Stelle zu großen Halden aufgeschüttet (Abbildung 5), das Eisenerz aussortiert und auf bereit stehende Pferdewagen geladen, die es ab dem Jahre 1610 zu der Eisenhütte im Beketal in Altenbeken transportierten.

Auf Grund des in den Stollen relativ leicht abbaubaren Eisenerzes ging Scholand davon aus, dass hier am Osthang des Rehberges und des Trötenberges bereits vor dem Jahre 1600 Eisenerz abgebaut wurde. Dieses Eisenerz wurde damals noch nicht in einer Eisenhütte im Beketal, sondern an Ort und Stelle im Wald verhüttet. Es wurde in einfachen Renn- und Schachtöfen geschmolzen. Die dabei benötigte Holzkohle wurde im umliegenden Wald hergestellt, wie zahlreiche Meilerplätze nachweisen.

In der Nähe der Stollen am Trötenberg und auch an der Ostseite des Rehberges sind in der Tat noch kleinere Hügel zu finden, in denen Schlackenreste zu finden sind. Diese stark eisenhaltigen Schlacken zeugen eindeutig von einer frühen, möglicherweise mittelalterlichen Eisenerzerzeugung im Wald, die der Chronist Franz Scholand als „Ersten Bergbau“ bezeichnete. Damit meint er nicht nur den Abbau des Erzes, sondern auch die Verhüttung des Eisenerzes im Wald in der Nähe der Stollen.

Unmittelbar nordöstlich der Landesstraße 755 ist zurzeit auch die von Scholand in der Altenbekener Chronik erwähnte „Senke“ zu erkennen, wo der Eisenerzabbau sogar im Tagebau abgebaut worden sein soll (Abbildung 6).

Diese Erzabbaugebiete am Eggekamm wurden vom historischen Nieheimer oder Niemschen Weg durchquert. Dieser Weg zweigte in Altenbeken im Bereich der Ahornstraße von der Hauptstraße (Hüttenstraße) ab und verlief über die Ebene relativ geradlinig zum Rehbergsattel und von dort weiter nach Bembüren, Schönenberg und über den Bilsterberg nach Nieheim. Dieser frühe regionale Transportweg ist östlich des Eggekammes von überaus zahlreichen Erzabfuhrwegen überlagert und deshalb heute nicht mehr lokalisierbar, wie schon der Heimatforscher Josef Koch aus Neuenbeken in einem seiner Bücher bemerkte. Am Osthang der Egge ist der Weg allerdings an einigen Stellen wieder zu erkennen, wenn die Sonnenstrahlen am Abend in flachem Winkel auf die ausgelichteten Waldflächen fallen und die Wegeprofile sichtbar machen (Abbildung 7).

 

 

Abbildung 1: Führer durch das Eggegebirge, EGV 1902, Ausschnitt Seite 64

 

Abbildung 2: Der Scholandstein wurde im Jahre 1940 aufgestellt, im Jahre 2021 zerstört.

 

Abbildung 3: Zeichnung von Franz Scholand (Altenbekener Chronik 1924 bis 1935) mit den Stollen östlich des Eggeweges. Das Oval oben stellt die „Senke“ dar, wo früher Eisenerz im Tagebau gewonnen wurde.

 

Abbildung 4: Stollen Nr. 5, dessen große Halde direkt an der Landesstraße 755 liegt.

 

Abbildung 5: Schächte und Stollen am Rehberg und Trötenberg. Das eisenhaltige Lettenflöz ist rot markiert.

 

Abbildung 6: Die Halde des Stollens Nr. 8 ist auf der heute entwaldeten Fläche deutlich zu erkennen

 

Abbildung 7: Die „Senke“ neben der L 755: Hier tritt das Lettenflöz zu Tage, so dass Eisenerz leicht abgebaut werden konnte.

 

Abbildung 8: Reste des Nieheimer Weges am Osthang des Eggekammes in Richtung Bembüren